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Veranstaltung zu ökologischer und urbaner Agrikultur in Cuba in St. Gallen (27.11.22)
«Cuba kann Öko!» so lautet der Titel einer Analyse zur cubanischen ökologischen Landwirtschaft, die 2019 in Deutschland erschien und überaus positiv ausfiel. Und um ökologische Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung in Cuba ging es am Sonntag 27.11.22 im Rest. Schwarzer Engel in St. Gallen an einer Veranstaltung der Gruppe Cuba Solidarität Vilma Espín. Zur These: Cuba, das vielleicht nachhaltigste Land der Welt! referierten Lukas Kilcher, Agraringenieur und langjähriger Leiter von Biolandbau-Projekten in Cuba, sowie Barbara Dettli zu einem ökologischen Schulprojekt von EcoMujer und Gion Honegger zur urbanen Agrikultur, den cubanischen Organopónicos.
Weiteres Thema der Veranstaltung war zudem die über 60 Jahre andauernde, völkerrechtswidrige Wirtschafts‑, Handels- und Finanzblockade der USA gegen Cuba, an der sich auch die eigentlich neutrale Schweiz, resp. die Schweizer Banken beteiligen. Die Forderung, diese Blockade endlich aufzuheben, ist Teil einer weltweiten Kampagne, die in einer UNO-Abstimmung am 3.11.22 gipfelte. Die UNO-Vollversammlung verurteilte die US-Blockade mit 185:2 (!) Stimmen und forderte die USA auf, die Blockade aufzuheben. Die CH-Banken sind dazu natürlich ebenso aufgefordert.
Cuba sollte aber auch wegen seiner nachhaltigen, ökologischen Landwirtschaft sowie der urbanen Agrikultur im Fokus des Interesses stehen.
Setzte Cuba in den 60er und 70er Jahren noch auf industrialisierte Landwirtschaft (mit grossem Einsatz an chemischen Dünger und Pestiziden), sowie auch weiterhin auf die aus der Kolonialzeit stammende Monokultur des Zuckeranbaus, setzte Ende der 80er Jahre ein Paradigmenwechsel ein. Lukas Kilcher konnte detailliert und anhand von vielen Beispielen aufzeigen, wie einerseits durch jahrzehntelange (kolonialistische) Monokultur die eigentlich fruchtbare Landwirtschaft zerstört wurde und wie in Cuba durch den Wandel in den 80er Jahren die Landwirtschaft in eine nachhaltige und umweltschonende Entwicklung überging. Dafür musste intensive und grundlegende Forschung betrieben und Wissen erworben werden. Dazu trugen einerseits viele cubanische Forscher:innen an den Universitäten, aber auch spezialisierte Agraringenieure wie Lukas Kilcher, sowie auch das schweizerische DEZA bei. Ein wichtiges Problem, dass sich dabei stellte, war, wie die durch die Monokultur hervorgerufene Teilung in Agrarwirtschaft und Tierhaltung überwunden werden konnte. Durch diese künstliche und schädliche Trennung wurde der massive Einsatz von chemischem Dünger erst notwendig. Eine direkte Folge davon war die Auslaugung der Erde, was wiederum einen weiteren Einsatz von chemischen Düngemitteln notwendig machte. Durch die Herstellung von natürlichem Dünger – an den Beispielen der Leguminosen und dem Vermikompost konnte das Lukas Kilcher eindrücklich aufzeigen — konnte der Wandel in der Düngepraxis und der landwirtschaftlichen Produktion realisiert werden. Chemische Düngemittel sind in Kuba heute gesetzlich verboten!
Mit einem weiteren Beispiel — der Pflanze Marabu, die in Kuba wild wuchernd massenweise vorkommt – erklärte Kilcher, wie, anstatt die Pflanze wie üblich zu verbrennen, mit Verköhlung Pflanzenkohle hergestellt und so als Nährstoff- und Wasserspeicher für die Erde genutzt werden kann. Wodurch sowohl Erträge verbessert und gesichert und zudem das Klima geschützt werden kann.
Eine überaus lehrreiche Anschauung, wie mit dem Ende des chemischen Düngers nicht das Ende der Landwirtschaft, sondern der Beginn einer natur- und umweltgerechten Entwicklung eingeläutet wurde.
Gion Honegger informierte in seinem Beitrag darüber, wie ab der 1990er Jahre die städtische Agrikultur zu einem wichtigen Standbein für die Ernährungssituation erhoben wurde. Auch in diesem Sektor forschte Kuba intensiv an neuen Produktionsstandorten und ‑methoden. Auch in Kuba war man von langen Transportwegen abhängig, um die produzierten Lebensmittel von den ländlichen Produktionsorten in die Städte zu bringen. Mit der durch die US-Blockade verursachten Benzin- und Ersatzteilknappheit entstanden Transportprobleme, wodurch sich die Lage der Lebensmittelversorgung teilweise dramatisch verschärfte. Es wurde daher damit begonnen, in den Städten in sog. Organopónicos agrarische Lebensmittel zu produzieren. So entstanden überall in den Städten grosse (bis zu 11 Ha) und kleinere Organopónicos. Am Beispiel von Havanna zeigte Honegger anschaulich, wie die Organopónicos in einer Grossstadt funktionieren. Teilweise vom Staat unterstützt, aber auch in kleineren, privaten Kooperativen organisiert, wurden die Organopónicos zu einer wichtigen Erfolgsgeschichte, die auch in andere Länder Lateinamerikas aber auch Europas ausstrahlte.
Barbara Dettli informierte anhand eines konkreten Beispiels, wie die Umsetzung von ökologischen Ideen in einer kleineren Stadt realisiert wird. Das ökofeministische Frauenumweltprojekt EcoMujer initiierte in Consolación del Sur vor einigen Jahren ein ökologisches Schulgartenprojekt. Die jeweiligen Erträge gehen direkt in die Schulküche und unterstützen so die Bestrebungen für eine gesunde und reichhaltige Ernährung. Die Verbindung von Ökologie und Feminismus ist zentrales Thema zur Bewältigung der anstehenden Probleme zur Erlangung der Ernährungssouveränität. Dazu sagt Reina Rodriguez von Ecomujer: «Durch die praktische Mitarbeit der Kinder, Eltern und Lehrpersonen haben alle Beteiligten die Möglichkeit einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur zu lernen und damit einen konkreten Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung zu leisten».
Gion Honegger
Cuba Solidarität Vilma Espín Zürich-Ostschweiz