Umstürz­ler am Werk

By Published On: März 20, 2024Cate­go­ries: News

19.03.2024: Umstürzler am Werk (Tages­zei­tung jun­ge Welt von Vol­ker Hermsdorf)

______________________________________________________________________Kuba: USA reden Pro­tes­te gegen eine Not­si­tua­ti­on her­bei, die sie mit ihrer Blo­cka­de selbst geschaf­fen haben

In der ost­ku­ba­ni­schen Stadt Sant­ia­go de Cuba haben sich am Sonn­tag Dut­zen­de Bürger an einer fried­li­chen Demons­tra­ti­on betei­ligt, auf der sie Stromausfälle und Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit anpran­ger­ten. West­li­chen Medi­en zufol­ge sol­len Hun­der­te mit Sprechchören wie »Strom und Essen« teil­ge­nom­men haben. Laut Reu­ters war es »in Havan­na und umlie­gen­den Orten« aller­dings »bis spät am Sonn­tag abend« ruhig geblie­ben. Angeb­li­che Pro­tes­te in ande­ren kuba­ni­schen Städten könne die Agen­tur eben­falls nicht bestätigen. Präsident Miguel Díaz-Canel bedau­er­te die Defi­zi­te in der Ver­sor­gung. »Inmit­ten einer Blo­cka­de, die uns zu ersti­cken ver­sucht, wer­den wir wei­ter­hin fried­lich dar­an arbei­ten, aus die­ser Situa­ti­on her­aus­zu­kom­men«, erklärte er. Der Staats­chef äußerte Verständnis für die Unzu­frie­den­heit, warn­te aber zugleich davor, dass »Fein­de der Revo­lu­ti­on« ver­such­ten, durch die US-Blo­ck­a­­de ver­ur­sach­te Mängel »für desta­bi­li­sie­ren­de Zwe­cke« zu nutzen.

Nach Anga­ben der Ers­ten Sekretärin der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei in Sant­ia­go, Bea­triz John­son, hat­ten die Demons­tran­ten ihre Beschwer­den über die man­gel­haf­te Strom­ver­sor­gung und die Ver­tei­lung von Lebens­mit­teln, ins­be­son­de­re Milch, jedoch »respekt­voll« geäußert und den Erläuterungen über deren Ursa­chen »auf­merk­sam« zugehört. Nach bis zu 18 Stun­den dau­ern­den Stromausfällen, durch die gefro­re­ne Lebens­mit­tel gefährdet würden, sei die elek­tri­sche Ver­sor­gung mitt­ler­wei­le wie­der­her­ge­stellt wor­den. Last­wa­gen sol­len Extra­ra­tio­nen Reis und Milch gelie­fert haben. Die Regie­rung hat­te in den ver­gan­ge­nen Wochen eingeräumt, dass es auf­grund von Devi­sen­man­gel und ande­ren Beschränkungen durch die US-Blo­ck­a­­de Pro­ble­me beim Import von Pro­duk­ten für den Grund­nah­rungs­mit­tel­korb gebe, der ver­schie­de­ne Arti­kel umfasst, die zu stark sub­ven­tio­nier­ten Prei­sen an die Bürger ver­teilt wer­den. Am Sonn­abend erklärte Ener­gie­mi­nis­ter Vicen­te de la O Levy im Nach­rich­ten­sen­der Canal Cuba­no, dass vor allem Die­­sel- und Ölknappheit der Grund für die erheb­li­chen Beeinträchtigungen in der Strom­ver­sor­gung seien.

Außen­mi­nis­ter Bru­no Rodríguez ergänzte, dass die USA Unter­neh­men, die in Kuba Schiffahrts‑, Finanz- oder ande­re Dienst­leis­tun­gen erbrin­gen, unter Druck set­zen, um den Import von Treib­stof­fen zu ver­hin­dern. O Levy hat­te jedoch auch angekündigt, dass das Anto­­nio-Gui­­te­r­as- Kraft­werk, das größte des Lan­des, nach War­tungs­ar­bei­ten am 18. März wie­der mit dem natio­na­len Netz syn­chro­ni­siert wer­de und danach die Strom­erzeu­gung aus kuba­ni­schem Öl eine höhere Leis­tung errei­chen wer­de. Außer­dem würden bis Ende März drei neue Solar­kraft­wer­ke in Betrieb gehen. Wie die spa­ni­sche Agen­tur Efe am Sonn­tag außer­dem mel­de­te, ist ein Tan­ker aus Russ­land mit 650.000 Bar­rel Rohöl im Wert von fast 50 Mil­lio­nen US-Dol­lar auf dem Weg nach Kuba, um dem Land in der aku­ten Ener­gie­kri­se zu hel­fen. Das Schiff sei am 9. März in See gesto­chen und soll Ende März in Mat­anz­as (West­ku­ba) ankom­men. Dadurch könne sich die Situa­ti­on zwar teil­wei­se ver­bes­sern, trotz­dem wer­de es auf­grund der finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten Kubas, Öl im Aus­land zu kau­fen, wei­ter­hin »gespann­te« und »kri­ti­sche« Momen­te geben, so O Levy.

Eine den­noch mögliche Ent­span­nung der Situa­ti­on ist jedoch nicht im Inter­es­se der USA und der von Washing­ton finan­zier­ten Con­tras in Kuba. Die KP-Zei­­tung Gran­ma hat­te bereits am 13. März vor Vor­be­rei­tun­gen für einen erneu­ten »sanf­ten Putsch­ver­such« gewarnt. Wie zur Bestätigung veröffentlichte das US-Pro­­pa­­gan­d­apor­­tal Mar­tí Noti­ci­as am Sonn­tag früh einen Arti­kel, der bereits in der Überschrift die »Dring­lich­keit eines Sys­tem­wech­sels« her­aus­stellt. Tagsüber wur­den live nicht überprüfbare und teils nach­weis­lich fal­sche Mel­dun­gen über »die Pro­tes­te in Kuba« ver­brei­tet. Die US-Bot­­schaft in Havan­na for­der­te die Regie­rung zeit­gleich auf, »die Men­schen­rech­te der Demons­tran­ten zu respek­tie­ren«. Außen­mi­nis­ter Rodríguez pro­tes­tier­te umge­hend. »Die direk­te und grau­sa­me Ver­ant­wor­tung der USA für die schwie­ri­ge wirt­schaft­li­che Situa­ti­on, unter der das kuba­ni­sche Volk lei­det, ist bekannt. Die Regie­rung der USA, ins­be­son­de­re ihre Bot­schaft in Kuba, soll­te sich ent­hal­ten, in die inne­ren Ange­le­gen­hei­ten des Lan­des ein­zu­grei­fen und sozia­le Unru­hen anzu­stif­ten«, erklärte er.

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